Sprache auswählen

Beurteilung einer Messung

Wenn die Abklingkurve über einen weiten Bereich linear ist, ist die Messung der Nachhallzeit sehr zuverlässig. Das Verhältnis von T20/T30 sowie der Fehlerindex geben einen Hinweis auf die Linearität der Abklingkurve. Ist die Abklingkurve nicht ausreichend linear, muss man unterscheiden durch simple Fehler im Messaufbau (z.B. Signalpegel zu gering) oder das Schallfeld selber ist nicht diffus.

Die Nachhallzeit RT60 gilt nur ein diffuses Schallfeld

In einem idealen diffusen Schallfeld ist die Abklingkurve linear. T20 und T30 sind identisch.

Echos, die durch starke Reflektoren auftreten, führen zu einem “krummen” Verlauf der Abklingkurve. Dies ist dann kein Messfehler sondern eine Eigenschaft des Raumes. Ein idealer Verlauf der Abklingkurve wird man nur im Hallraum unter idealisierten Bedingungen erreichen. Unter realen Bedingungen ist das Schallfeld nur eingeschränkt diffus. Dies ist auch ein Grund warum mehrere Gütemaße eingeführt wurden (EDT, T20,T30,C50,D80 etc.) die versuchen die Schallausbreitung in Zahlen zusammenzufassen. Bei einer Messung ist es aber sehr wichtig, Fehler im Messaufbau von einem nicht-diffusen Schallfeld zu unterscheiden.

Bei höheren Frequenzen >200Hz ist das Schallfeld meist diffus. Achtung bei tiefen Frequenzen

 

Raummoden

In geschlossenen Räumen kommt es durch die Geometrie zu besonderen Resonanzerscheinungen, den Raummoden. Bei bestimmten Frequenzen bilden sich stehende Wellen aus, der Raum „dröhnt“. Dieser Effekt ist besonders ausgeprägt, wenn Wände und Decken jeweils parallel zu einander sind. Die Raummoden sind um so tiefrequenter, je größer der Raum ist. Ein Raum hat eine Grundfrequenz, die tiefste Raummode. Dies ist die tiefste Frequenz bei der sich noch stehende Wellen ausbreiten können. Im allgemeinen wird diese Grundfrequenz durch die längste Achse im Raum bestimmt. Zu höheren Frequenzen hin, sind immer mehr Resonanzfrequenzen möglich. Die Moden verdichten sich mit zunehmender Frequenz. Die höheren Moden sind deutlich bedämpfter und treten akustisch nicht so stark in den Vordergrund. Daher sind Raummoden hauptsächlich in kleineren Räumen problematisch, wo die Grundfrequenz im Hörbereich liegt. Bei großen Räumen liegt die Grundfrequenz schon unterhalb des Hörbereichs, so das nur höhere Moden von akustischer Bedeutung sind.

Bei tieferen Frequenzen wird der Nachhall durch Raummoden bestimmt. Das Schallfeld ist nicht duffus. Der Nachhallzeit schwankt stark von Messposition zu Messposition.

Das Konzept der Nachhallzeit eignet sich nicht für den Frequenzbereich, der durch Raummoden bestimmt wird.

Dieser Frequenzbereich sollte komplett anders ausgewertet werden.

Wie erkennt man Raummoden?

  • Raummoden treten näherungsweise unterhalb der Schröderfrequenz eines Raumes auf. Akulap berechnet die Schröderfrequenz automatisch und gibt die im Bericht an.
  • Die Nachhallzeit ist stark positionsabhängig.
  • Die Abklingkurve fallt nicht linear ab.

Typische Ursachen für Fehlmessungen der Nachhallzeit

Der Signal/Störabstand ist zu gering.

Der Schallpegel des Meßsignals ist zu gering gegenüber dem Störsignal. Dies tritt insbesondere bei niedrigen Frequenzen auf (unter 200Hz), da hier für ausreichende Schallpegel große Lautsprecher benötigt werden (Subwoofer). Grundsätzlich sollten alle störenden Schallquellen abgeschaltet werden. Die Abklingkurve geht früh in die Sättigung, so daß kein ausreichender Bereich erkennbar ist. Für eine sinnvolle Berechnung von T20 sollte der nutzbare Teil der Abklingkurve mindestens 30dB betragen.

Überprüfen Sie daher:

  • Pegel der Lautsprecher ggf. auch in verschiedenen Frequenzbereichen.
  • Störgeräusche
  • Messbereich des Mikrofons. Ist der Messbereich falsch eingestellt, wird der Störabstand durch das Rauschen des Mikrofons bestimmt.

Der Nachhall muss diffus sein

Aber auch bei gutem Störabstand kann der Verlauf der Abklingkurve „krumm“ werden, wenn aufgrund der Kombination Raum, Lautsprecheraufstellung und Mikrofonaufstellung das Schallfeld nicht diffus ist. Ein Mikrofon 10cm vor dem Lautsprecher erreicht zwar einen guten Störabstand, wird daher in den seltensten Fällen geeignet sein die Nachhallzeit sinnvoll zu messen. Als Grundregel sollte das Messmikrofon außerhalb des Hallradiusses der Lautsprecher platziert werden.

Echos machen sich als Knick in der Abklingkurve bemerkbar. In solchen Fällen wird der Fehlerindex stets hoch sein. Dies ist dann aber jedoch keine Fehlmessung sondern eine Eigenschaft des Raumes. In solchen Fällen sollte der Raum auf Reflektoren untersucht werden.

Fehlerindex

Die Abklingkurve wird durch lineare Regression mit einer Geraden angenähert. Je “krummer” jedoch der Verlauf der Abklingkurve ist, desto größer sind die Abweichungen zu einer Geraden. Es ist daher sinnvoll eine mittlere Abweichung der Geraden von dem realen Verlauf zu bestimmen, dem Fehlerindex. Die Berechnung wird durch die DIN3382 definiert. Ein Fehlerindex von 0 entspricht einem idealen Verlauf. Je größer der Fehlerindex ist, desto „krummer“ ist der Verlauf der Abklingkurve und die Berechnung der Nachhallzeit wird ungenauer. Sie finden daher in dem automatischen Bericht zur Messung der Nachhallzeit, stets eine Spalte mit dem Fehlerindex. Größere Werte werden auch farbig markiert, so dass hier die einzelnen Messungen genauer analysiert werden sollten.

Wir empfehlen in solchen Fällen die Abklingkurve pro Terzband zu untersuchen. Wenn schon mit bloßem Auge der lineare Bereich nur 20dB beträgt, kann hier nur eine grobe Abschätzung der Nachhallzeit durchgeführt werden.

Im automatischen Bericht finden Sie auch eine Kurve, die den Ruhepegel und den Pegel des Meßsignals über der Frequenz vergleicht. Hier kann der Signal/Rauschabstand direkt abgelesen werden und so ggf. als Verursacher identifiziert werden. Werte unterhalb von 10 bedeuten einen nahezu idealen Verlauf.

Raummoden im Detail

Raummoden führen grundsätzlich zu einem krummen Verlauf der Abklingkurve. Daher sollte unbedingt die Schröderfrequenz beachtet werden.

Im folgenden Beispiel wird im 500Hz Terzband ein Fehlerindex von 50 ermittelt.

Die Abklingkurve ist daher nicht besonders linear, sondern fällt leicht stufig ab. Die Messung selbst ist völlig korrekt, da der nutzbare Dynamikbereich sehr hoch ist. Noch deutlicher sieht man dies im bei dem oben vermessenen Raum im 200Hz Terzband. Der Fehlerindex beträgt hier 80.

Hier ist der stufige Verlauf noch deutlicher zu erkennen. Der nutzbare Dynamikbereich ist hervorragend, daher ist die Messung korrekt. Die Messgenauigkeit ist daher nicht durch Rauschen oder Verzerrungen begrenzt.

Es handelt sich um keinen Fehler im Aufbau oder Messsystem.

In diesem Fall sind es akustische Effekte, wie stehende Wellen, die zu einem nicht-diffusen Schallfeld führen. Solche Effekte treten insbesondere bei schmalbandigen Untersuchungen (Terz-Darstellung) auf. Je kleiner der Raum ist, umso höher ist die Grenzfrequenz, ab der sich ein diffuses Schallfeld einstellt. Unterhalb dieser Grenzfreqenz wird das Schallfeld durch Raummoden geprägt. Eine Beschreibung durch die Nachhallzeit ist in diesem Frequenzbereich nicht sinnvoll.

Diese Grenzfrequenz fs wird auch Schröderfrequenz genannt und kann nach folgender Formel abgeschätzt werden.

Grenzfrequenz eines Raumes nach Schröder

V ist das Raummolumen in m³ RT60 ist die Nachhallzeit in s.

Für den zuvor verwendeten Raum mit einem Volumen von 30m³ und einer Nachhallzeit von 0,34s ergibt sich eine Grenzfrequenz von 213Hz.

In einer breitbandigeren Oktav-Darstellung ist das Schallfeld wiederum weitaus diffuser.

Frequenz [Hz]125250500100020004000
RT60(T20) [s] 0,33 0,34 0,34 0,33 0,34 0,35
Fehlerindex 7 16 20 10 1 3

Im breitbandigeren 500Hz Oktavband beträgt der Fehlerindex nur 20.

Raummoden kann man sehr gut im Wasserfalldiagramm (Cumulative Decay Plot) erkennen.

Hier erkennt man deutlich Resonanzen bei 150Hz und 500-700Hz sowie bei 2500Hz. Dargestellt wurde der Bereich von 0 bis 0,16s im Frequenzbereich von 100 bis 6000Hz.

Echos

Echos sind starke Reflektionen von glatten Wänden oder Glasflächen. Die Schallwelle wird nur geringfügig absorbiert und kaum gestreut. In der Abklingkurve erkennt man diese als deutliche Sprünge. Je nach Laufzeit können sich Echos sehr störend auf die subjektive Akustik auswirken.

Akustisch gekoppelte Räume

Wenn zwei Räume mit unterschiedlicher Nachhallzeit durch z.B. eine offene Tür akustisch gekoppelt sind, überlagern sich beide Nachhallkurven.

Das folgende Bild zeigt einen typischen Verlauf zweier gekoppelter Räume. Zunächst fällt der Schallpegel mit der Nachhallzeit A relativ schnell ab. Später tritt der Nachhall im Bereich B in den Vordergrund.

Es ist offensichtlich, dass sich unter solchen Bedingungen kein gesamtes lineares Abklingen einstellt. Die Situation kann eben auch nicht durch eine Nachhallzeit beschrieben werden. In der Praxis kann eine solche Situation (z.B. Sitzplatz an der offenen Tür zum Treppenhaus) die Sprachverständlichkeit erheblich beinträchtigen.

Fehlmessungen

Eine Fehlmessung liegt meist dann vor, wenn der nutzbare Dynamikbereich zu gering ist.

Dies ist in dem folgenden Beispiel der Fall. Wir betrachten hierfür die breitbandige Abklingkurve.

Die nutzbare Dynamik beträgt hier nur ca. 12dB, so dass lediglich EDT sinnvoll ermittelt werden kann. T20 und T30 sind unsinnig. Ursache hier sind Rauschen und Verzerrungen bei der Messung. Eine normgerechte Messung ist hier nicht mehr möglich, die Nachhallzeit kann hier nur grob geschätzt werden.

Bei tiefen Frequenzen unter 100Hz ist meist nur wenig Dynamik vorhanden. Hier muss man sich vielfach mit einer Abschätzung zufrieden geben.

T20 und T30 können bei dieser Messung im 80Hz Band nicht normgerecht bestimmt werden. Durch Auswertung des linearen Bereichs von –5 bis –19dB kann die Nachhallzeit mit 0,2s abgeschätzt werden.

Im 100Hz Terzband bessert sich die Dynamik

Und bei 125Hz erreicht man bereits eine exzellente Dynamik. Allerdings ist hier die Abklingkurve durch Raummoden geprägt.

Wenn Sie an unterschiedlichen Raumpositionen, starke Abweichungen in der Nachhallzeit feststellen, so deutet dies auf nicht-diffuse Ausbreitungsbedingungen hin. Die Bewertung dieser Abweichungen ist sehr komplex und kann letztlich nur durch die langjährige Erfahrungen des Akustikers gelöst werden. In letzter Zeit werden hier auch Computer-Simulationen des Raumes als Hilfsmittel benutzt. Der Aufwand insbesondere zur Erstellung sinnvoller Parameter (3D-CAD) ist jedoch enorm, so dass diese Techniken nur in speziellen Fällen verwendet werden.