Messmikrofone: Grundlagen und allgemeine Hinweise
Ein Mikrofon wandelt allgemein den einfallenden Schall in eine elektrische Spannung.
Messmikrofone sind anders als z.B. Gesangsmikrofone für die Messtechnik optimiert.
Allgemeine Anforderungen an Messmikrofone
- Konstanter Frequenzgang in einem definierten Bereich
- Definierte Richtcharakteristik, meist Kugel
- Geringes Rauschen
- Hoher maximaler Schallpegel
- Unempfindlich gegen Umwelteinflüsse wie Temperatur und statischem Luftdruck
- Langzeitstabil
Auswahl nach Anschluss
Messmikrofone werden heutzutage mit verschiedenen Anschlüssen angeboten. Dabei sind nicht nur die Stecker völlig unterschiedlich, sondern die Schaltungsphilosphien sind sehr unterschiedlich. Daher gibt es nur in Ausnahmefällen Adapter z.B. ICP auf P48.
- Lemo: Dieser Anschluss ist in der professionellen Messtechnik verbreitet und findet sich in den Premium-Geräten mit den höchsten Anforderungen an die Signaldynamik. Dieser Anschluss versorgt die Vorverstärker mit über 100V. Daher verarbeiten die Lemo Vorverstärker in der Regel sehr hohe Eingangsspannungen. Zusätzlich wird die externe Polarisationsspannung von 200V übertragen. Lemo wird dann verwendet, wenn keinerlei Kompromisse eingegangen werden sollen.
Vorteile: beste Dynamik Nachteile: hohe Kosten, Kabel und Stecker sind aufwendig - ICP/IEPE Konstantstromspeisung Diese Variante ist die häufigste in der professionellen Messtechnik (das "Arbeitspferd") und an dem typischen BNC Anschluss leicht erkennbar. Bei diesem Anschluss wird auf eine Konstantstromquelle mit 24V und 4mA das Mikrofonsignal moduliert. Durch diese besondere Übertragung können über ein normales Koaxialkabel die Versorgung und das Signal gleichzeitig übertragen werden. Durch die Konstantstromeinprägung ist das Nutzsignal relativ unempfindlich gegenüber Einstreuungen und es können problemlos Kabel über 100m verwendet werden. Diese System verarbeiten typischerweise Eingangspannungen von 6V RMS. Obwohl diese Mikrofone einen BNC Anschluss haben, können Sie nicht direkt an Oszilloskope (auch mit BNC) angeschlossen werden. Es fehlt die spezielle Konstantstromeneinspeisung, die man über Adapterboxen erreicht.
Vorteile: gute Signaldynamik, günstige und lange Kabel Nachteile: Spezielle Versorgung, Eingangsspannung auf 6V RMS begrenzt - XLR mit P48V Dieses Verfahren kommt aus der Studiotechnik und verwendet eine symmetrische Signalübertragung mit einer aufgeprägten Versorgungsspannung von 48V. Die 48V waren ursprünglich als externe Polarisationsspannung für Kondensatormikrofone verwendet worden und daher nur für einen sehr geringen Stromverbrauch ausgelegt. Der Anschluss ist 3-polig mit einem XLR-Stecker. Typische XLR Messmikrofone liefern nur ca. 3V RMS und sind damit nicht sehr aussteuerungsfest. Die 48V waren nie für leistungsfähige Vorverstärker ausgelegt. Diesen Anschlußtyp findet man eher bei den preisbewussten Messgeräten. Gerade durch den NTI XL2 oder den Bedrock SM50 hat dieser Anschluss jedoch breite Akzeptanz für akustische Messtechnik gefunden.
Vorteile: vielfach ausreichende Signaldynamik, sehr günstige und relativ lange Kabel (50m) Nachteile: Eingangsspannung auf 3V RMS begrenzt
- USB-Messmikrofone Dieser relativ neue Anschluß ist von vornherein darauf ausgelegt, daß diese Messmikrofone direkt an einem Computer angeschlossen werden. Mikrofon, Vorverstärker, Spannungsversorgung und direkte Digitalisierung sind in einem Gerät integriert. Diese einzelnen Komponenten sind optimal aufeinander abgestimmt. Hochwertige USB-Messmikrofone erzeuge verschiedene Hilfsspannungen selbst aus der 5V USB-Versorgung durch DC/DC Wandler. Dadurch ist die Signaldynamik - insbesondere die Pegelfestigkeit - enorm und beträgt bis ca 10V RMS. Dies sind 28V Spitze/Spitze! High-End USB-Mikrofone erzeugen auch die externe Polarisationsspannung von 200V für nicht-vorpolarisierte Mikrofon-Kapseln. Wir haben noch weitere Informationen für USB-Messmikrofone in einem eigenen Artikel zusammengefasst.
Vorteile: Sehr einfacher Anschluß an Computer-gestützte PC Messysteme wie Akulap. Sehr hohe Signaldynamik möglich. Nachteile: Kabel sind auf ca. 20m begrenzt. Durch direkte Digitalisierung, können USB-Messmikrofone nicht an analoge Eingänge angeschlosssen werden.
Wandlerprinzip
Wie wird der einfallende Schall in eine Spannung umgesetzt?
Es gibt im wesentlichen folgende Typen von Mikrofonen mit unterschiedlichem Wandlerprinzip
- Kondensator-Mikrofone
- dynamische Mikrofone
- MEMS-Mikrofone
- Sonderlösungen wie optische Mikrofone
Kondensator-Mikrofone
Ein Kondensator-Mikrofon besteht aus einer Gegenelektrode und einer Membran, die vor der Gegenelektrode in einem sehr geringen Abstand gespannt ist. Durch den Schall wird die Membran bewegt und dadurch ändert sich die Kapazität des Kondensators. Diese Kapazitätsänderung wird in ein elektrisches Signal umgesetzt.
Dynamische-Mikrofone
Dynamische Mikrofone spielen im Bereich der Messtechnik keine Rolle. Sie bestehen aus einer Membran, die eine Spule in einem Magnetfeld bewegt und dadurch eine Spannung erzeugt. Solche Mikrofone finden sich hauptsächlich in Aufnahme und Studiomikrofonen. Dynamische Mikrofone zeigen häufig einen ausgeprägten „krummen“ Frequenzgang mit ausgeprägten Resonanzen. Dieser Typ besitzt auch eine geringe Empfindlichkeit und rauscht daher deutlich stärker.
MEMS Mikrofone
Eine relativ neue Kategorie sind die MEMS Mikrofone. Dies sind spezielle mikromechanische Bauelemente, die mit den Technologien der Chipfertigung kostengünstig hergestellt werden können. In nahezu allen Smartphones finden Sie MEMS-Mikrofone.
In den letzten Jahren haben sich diese Mikrofone auch für Messzwecke bewährt. Ein besonderer Vorteil diese Mikrofone ist ihr geringer Preis und eine hohe Stabilität. Dadurch eignen sich diese Mikrofone insbesondere für Array-Mikrofone, wo eine große Anzahl von Mikrofonen verwendet wird. Ein aktueller Nachteil von MEMS Mikrofon ist ihr hohes Eigenrauschen, das aktuell noch nicht an klassische1/2-Zoll Mikrofonkapseln heranlangt.
Anforderungen an den Frequenzgang gemäß DIN61672-1
Die Norm DIN/IEC61672-1 definiert verschiedene Anforderungen an einen Schallpegelmesser. Für die Frequenzen im Bereich zwischen 10Hz und 20kHz sind nur bestimmte Abweichungen erlaubt. Dabei wird zwischen Klasse 1 und Klasse 2 Mikrofonen unterschieden. Für die professionelle Messtechnik werden häufig durchgängig Klasse 1 Geräte gefordert. In der Praxis zeigen sich die Abweichung bei Kondensatormessmikrofonen typischweise erst oberhalb von 5kHz. Für raumakustische Messungen (RT60) ist der Frequenzgang des Mikrofons unerheblich.
Details der Kondensator-Mikrofone
Für Messzwecke werden heutzutage hauptsächlich Kondensator-Mikrofone verwendet. Diese Messmikrofone haben standardisierte Bauformen, deren Größe in Zoll (“) angegeben wird.
Die ½“ Kondensator-Messmikrofone sind die Arbeitspferde der akustischen Messtechnik.
Das folgende Bild zeigt drei 1/2" Kapseln ohne Schutzgitter.
Die linke Kapsel ist normal funktionsfähig mit glatter Membran.
Bei der mittleren wurde die Membran entfernt und man erkennt die Gegenelektrode. Die Löcher in der Gegenelektrode dienen einer gezielten Dämpfung der Membranbewegung.
Die rechte Kapsel ist durch Fallen beschädigt. Die Membran liegt nicht mehr glatt an.
Bei den Kondensator-Messmikrofonen gibt es zwei Grund-Typen:
- Messmikrofone mit externer Polarisationsspannung. Dies ist in der Regel 200Volt. Diese Mikrofone sind für den professionellen Einsatz vorbehalten, da sie eine spezielle Versorgungsspannung benötigen. Dafür sind diese Mikrofone aber extrem langzeitstabil.
- Hauptsächlich werden heutzutage aber sogenannte Elektretmikrofone verwendet Diese Elektretmikrofone verwenden eine spezielle Membran, die bereits elektrisch vorgeladen ist. Daher benötigen diese Mikrofone keine aufwendige Spannungsversorgung. Heutzutage sind diese Mikrofone aber auch sehr langzeitstabil und werden daher in den meisten Schallpegelmessern eingesetzt.
Größe der Membran eines Kondesatormikrofons
Kondensator-Mikrofone werden anhand des Membran-Durchmessers in Kategorien eingeteilt. Die häufigste Größe ist 0.5Zoll (1/2“).
Das folgende Bild zeigt verschiedene Kapseln von 1/4", 1/2" bis 1". Die Bauformen sind international normiert.
Daneben gibt es noch die 1- Zoll Mikrofone mit einer sehr großen Membranfläche. Diese Messmikrofone haben dadurch ein geringeres Eigenrauschen und eine höhere Empfindlichkeit. Allerdings erkauft man sich diesen Vorteilen mit einem sehr mit starken akustischen Effekten bei höheren Frequenzen auch schon ab 3kHz.
Daher findet man diese Messmikrofone nur noch selten. Sie eignen sich aber hervorragend für tiefe Frequenzen bis in den Infraschall-Bereich.
Wesentlich häufiger findet man jedoch ein ¼“ Zoll Mikrofonkapseln. Diese Kapseln eignen sich für höhere Frequenzen bis hin zu 70 bis 100 kHz, aber eben auch für hohe Schallpegel. Andererseits haben diese Mikrofone eine geringere Empfindlichkeit und können dadurch eben wesentlich höhere Schallpegel aufnehmen das geht hin bis zu etwa 170 Dezibel. Auf der anderen Seite haben diese Mikrofone ein höheres Eigenrauschen. Typischerweise liegt dies bei etwa 35dB(A). Daher werden diese Mikrofone nicht für rauscharme Messung eingesetzt.
Grundregel:
Große Membranfläche: geringes Rauschen aber geringe maximale Frequenz und geringerer maximaler Schallpegel
Empfindlichkeit eines Messmikrofons
Die Empfindlichkeit eines Messmikrofons ist der Übertragungsfaktor zwischen einfallendem Schall und der erzeugten elektrischen Spannung. Dieser Faktor wird in mV pro Pascal angegeben.
Ein häufiges ½“ Kondensator-Mikrofon hat eine Empfindlichkeit von 50mV/Pa. Bei einem Schallpegel von 1Pa liegt am Mikrofon eine Spannung von 50mV an. Der Schalldruck von 1Pa entspricht genau 94dB. Dies ist genau der Schalldruckpegel eines typischen Schallpegelkalibrators.
Die deutlich kleineren 1/4" Kapseln haben eine typische Empfindlichkeit von 5mV/Pa.
Richtcharakteristik
In der akustischen Messtechnik werden meist Mikrofone ohne Richtwirkung eingesetzt (Kugel-Charakteristik).
Studio-Mikrofone haben in der Regel eine ausgeprägte Richtwirkung, um z.B. Signale hinter dem Sprecher zu dämpfen.
Entzerrung
Kondensatormikrofone sind durch die Bauform zunächst reine Schalldruckempfänger. Je nach Signalfrequenz und Größe des Mikrofones machen sich Beugungseffekte aufgrund der Geometrie bemerkbar. In einem Freifeld kommt es bei höheren Frequenzen zu Abweichungen. Diese Abweichungen werden durch eine eingebaute Korrektur kompensiert. Dies ist die Freifeldkorrektur. Manche Mikrofontypen sind jedoch speziell für diffusen Schalleinfall´ausgelegt und entsprechend kompensiert.
Am häufigsten werden Freifeld-entzerrte Messmikrofone eingesetzt. Diffusfeld entzerrte Messmikrofone verwendet man in einem Hallraum.
Unkompensierte Druckfeld-Mikrofone werden häufig in Kupplern (z.B. Ohr Simulatoren) eingesetzt.
Bei tieferen Frequenzen unter 5 kHz ist das Verhalten dieser Messmikrofone nahezu identisch. Die Kompensation macht sicht erst bei höheren Frequenzen bemerkbar. Äusserlich sind diese Mikrofontypen nicht zu unterscheiden,
Das folgende Bild zeigt eine typische 1/2" Kapsel (MTG MK222), die für Freifeld-Bedingungen entzerrt ist. Hier sieht man deutlich die Unterschiede zum Druckfeld und einem diffusen SChalleinfall.
Sind 200V Mikrofone gefährlich?
Nein, die 200V Spannung dient ledliglich zur Polarisation der Membran. Es fliesst praktisch kein Strom. Daher ist die Versorgung für die 200V extrem hochohmig ausgelegt (GigaOhm). Bei Berührung bricht die Spannung sofort zusammen. Die Berührung ist spürbar, aber ungefährlich. Es entspricht einer elektrostatischen Entladung.
Welche Genauigkeit erreicht man bei Messmikrofonen in der Praxis?
Messmikrofone erreichen ihre hohe Genauigkeit unter genau definierten Schallfeldbedingungen. In der Regel ist das ein Freifeld. In der Praxis misst man jedoch in normalen Räumen. Durch Reflektionen an Wänden und anderen Gegenständen bilden sich erhebliche Resonanzen, die das Schallfeld erheblich verändern. Der Raumeffekt liegt durchaus in der Größenordnung von bis zu 20dB und ist damit erheblich größer als die Unterschiede zwischen Klasse 1 und Klasse 2 Mikrofonen. Es macht daher wenig Sinn, mit einem ultra-präzisen Mikrofon mit Abweichungen geringer als 0.1dB in einem akustisch unbehandelten Raum Lautsprecher zu vermessen. Letzlich vermisst man dann eigentlich nur den Raum und weder das Mikrofon noch der Lautsprecher haben einen großen Einfluss.
Messmikrofone für sehr tiefe Frequenzen (Infraschall)
Kondensator-Mikrofone sind prinzipiell in der Lage Frequenzen bis hin zu 0Hz zu messen. Das wäre dann ein Barometer. In der Praxis ist dieser Effekt jedoch meist unerwünscht, da Luftdruckänderungen durch Wetter oder unterschiedliche Höhe einen starken Einfluss haben. Die Membran würde sich schlicht aufblähen oder eindellen. Daher sind hinter der Membran Ausgleichsöffnungen - Kapillare - eingebaut, die für einen Druckausgleich sorgen. Die Bauform definiert die untere Grenzfrequenz des Mikrofons. Typischerweise liegt die unter 10Hz.
Achtung: Es gibt Mikrofonkapseln, die direkt aus der Kapsel entlüften. Andere entlüften über den Vorverstärker, der dann eine Ausgleichsöffnung benötigt. Hier muss man aufpassen, das man Kapsel und Vorverstärker aufeinander abstimmt. Es kann sonst zu deutlichen Störeffekten kommen. Wir haben schon Abweichungen bei 100Hz! von 1-2dB beobachtet.
Messmikrofone für niedrige Schallpegel
Seit einigen Jahren sind die Anforderungen im Bereich der akustischen Messtechnik deutlich gestiegen. Ein Kühlscharank oder eine Klimaanlage im Wohnbereich soll möglichst leise sein. Viele dieser Geräte können selbst mit hochwertigen Schallpegelmessern nicht mit ausreichender Genauigkeit gemessen werden.
Minimaler Schallpegel bei Messmikrofonen
Unser Ohr hat einen typischen Dynamikumfang von ca. 0dB bis 120dB. Dieser große Bereich stellt auch heutige Messtechnik vor große Herausforderungen.
Für hohe Schallpegel und die Herausforderungen, die damit verbunden sind, haben wir einen eigenen Beitrag verfasst.
In diesem Betrag beschäftigen wir uns mit Messungen von niedrigen Schallpegeln im Bereich der Hörschwelle.
Stand der Technik für rauscharme Messmikrofone
Im Bereich der professionellen akustischen Messtechnik haben sich seit vielen Jahrzehnten 1/2" Kondensator-Mikrofonkapseln als "Arbeitspferde" etabliert. Diese haben eine Empfindlichkeit von 50mV/Pa. Das Eigenrauschen dieser Kapseln liegt bei ca. 15dB(A). Bei einem Schallpegelmesser kommen noch Rauschen durch die Vorverstärker hinzu. Daher zeigt auch ein hochwertiger Schallpegelmesser bei völliger Ruhe einen Pegel von 15-20dB(A) an.
Aktuelle Herausforderungen
In ruhiger Umgebung können wir auch Schallpegel in der Größenordnung von 20dB hören und wir nehmen diese auch als störend war. Typisches Beispiel sind Beamer in Heimkinosystemen. Aber auch Lüftungsanlagen, die auch nachts in Schlafzimmern in Betrieb sind.
Messgenauigkeit bei geringen Schallpegeln
Um einen Schallpegel zuverlässig zu erfassen, muss das Eigenrauschen des Meßsystems ca. 6 bis 10dB unterhalb des Pegels der zu messenden Schallquelle sein. In der Praxis kann ein leiser Lüfter mit 18dB(A) nicht mit einem typischen Schallpegelmesser vermessen werden.
Größe der Mikrofonkapseln
Die Größe der Membran der Kondensatorkapsel hat direkt Einfluss auf das Eigenrauschen. Eine größere Kapsel "fängt" mehr Schallenergie ein. Grundsätzlich sind kleine 1/4" Kapseln wie das ECM8000 von Behringer oder Beyerdynamic MM1 für rauscharme Messungen ungeeignet.
Große 1" Kapseln verringern zwar das Eigenrauschen um 3dB, allerdings haben diese großen Kapseln bei hohen Frequenzen ein ausgeprägtes Eigenleben mit ausgeprägten Resonanzen. Daher verwendet man heutzutage 1"-Kapseln nur in Ausnahmefällen. Großmembrankapseln mit mehr als 1" aus der Studiotechnik, sind zwar rauscharm, aber für Messzwecke ungeeignet.
Spezialmikrofone
Seit einigen Jahren bieten verschiedene namhafte Hersteller auch spezielle 1/2" Messmikrofone an, die ein Eigenrauschen von 5-6dB(A) haben. Diese Kapseln werden zusammen mit einem passenden Vorverstärker verkauft und bilden eine Einheit. Wir verfügen in unserem Labor über solche Meßsysteme (z.B. GRAS 40HL) und bieten damit auch Messungen an.
Das folgende Bild zeigt ein GRAS40HL mit LEMO Anschluß.
Zu einem Gesamtsystem gehört eine Versorgungseinheit z.B. 12AD
Diese Technik wird mittlerweile auch etwas günstiger als ICP/IEPE System angeboten, hier finden sich die üblichen Hersteller B&K, GRAS, PCB und MTG.
Das folgende Bild zeigt ein MM214 von Microtech Gefell
Allen gemeinsam ist die Bauform 1/2". Damit sind diese Systeme im Gegensatz zu 1" Mikrofonen auch für höhere Frequenzen geeignet.
Wie kann es jedoch sein, dass diese System 10dB rauschärmer sind als normale 1/2" Mikrofone?
Die Grundidee ist, die Membran wird lockerer aufghängt, die Dämpfung wid angepasst. Dadurch wird das Mikrofon erheblich empfindlicher. Allerdings wird der Frequenzgang "krumm". Es bildet sich eine ausgeprägte Resonanz bei 8-10kHz. Dieser Frequenzgang wird im Vorverstärker elektrisch korrigiert, so dass die Anforderungen der IEC61672-1 Klasse 1 erfüllt wird.
Daher bilden bei diesen Systemen Kapsel und Vorverstärker eine Einheit und können nicht getrennt werden.
Zusätzlich wird die A-Kurve intensiv ausgenutzt, da dadurch besonders viel Rauschen entfernt wird.
Zu beachten ist, dass diese Mikrofone bei 1Khz mit einem normalen Schallpegelkalibrator bei 94dB kalibriert werden können. Bei höheren Frequenzen sinkt aufgrund der ausgeprägten Resonanz der maximale Schallpegel. Letzlich sind diese Mikrofone für ein Spezialgebiet optimiert. Sie sind keinesfalls als generelle Messmikrofone einsetzbar.
Hörbeispiele für rauscharme Messmikrofone
Messaufbau: Wir verwendeten eine mechanische Uhr, die 50cm vor dem Mikrofon aufgestellt wurde. Die Pegel der einzelnen Aufnahmen sind sorgfältig aufeinander abgeglichen.
- Behringer ECM8000, sehr preiswertes Messmikrofon mit XLR Anschluss und 48V Phantomspeisung. Aufgrund der geringen Kapselgröße ist hier nur Rauschen zu hören. Das Eigenrauschen liegt bei ca 34dB(A)
- MiniDSP UMIK-1, preiswertes USB Messmikrofon mit ähnlicher Kapsel wie das ECM8000. Hier ist immerhin die Uhr zu hören, wenn auch stark verrauscht.
- ATD5-T mit 1/2" Klasse 1 50mV/Pa Kapsel. Eigenrauschen liegt bei ca 15dB(A) und wird vom thermischen Rauschen der Kapsel verursacht.
- G.R.A.S. 40HL, eine extrem rauscharmes Messmikrofon mit 200V Polarisationspannung. Dieses Mikrofon stellt die Referenzklasse dar und hat eine Eigenrauschen von 5dB(A). Ein solches Komplettsystem kostet ca. 6000Euro. Das Datenblatt finden Sie hier
Messmikrofone für hohe Schallpegel
Typische Messmikrofone können problemlos Pegel bis 110-120dB erfassen. Sollen jedoch höhere Pegel gemessen werden, so müssen viele Faktoren berücksichtigt werden.
Zusammenfassung
Pegel bis 120dB können mit den meisten Messmikrofonen mit hoher genauigkeit erfasst werden. Je kleiner die Membranfläche, desto größer der maximale Schallpegel. Daher sind 1/4" oder 1/8" Mikrofone in der Regel besser geeignet als 1/2" Mikrofone.
Es ist jedoch wichtig, auch darauf zu achten, dass der Vorverstärker bzw. ADC nicht übersteuert und den Pegel des Mikrofons begrenzt.
Hintergrund
Der Schall wirkt auf die Membran der Mikrofons und erzeigt ein Spannungsgröße. Ein zu hoher Schalldruck kann die empfindliche Membran einfach mechanisch zerstören. Diesem Schallpegel dürfen die Mikrofone niemals ausgesetzt werden. Solch hohe Schallpegel entstehen nicht nur bei Düsentriebwerken oder Explosionen, sondern beim schnellen Einführen eines Mikrofons in einen Schallpegelkalibrator, können enorme Drücke auftreten.
Der sinnvolle Pegelbereich ist jedoch wesentlich kleiner, da die Membranbewegung bei hohen Pegeln nicht-linear wird. Es treten Verzerrungen auf, die das Messergebnis verfälschen. Dieser Grenzschallpegel, bei dem der Klirrfaktor noch unter 3% (bei 1kHz) liegt, wird meist im Datenblatt angegeben.
Bei einem typischen 1/2" Klasse 1 Mikrofon (mit 50mV/Pa) (dem "Arbeitspferd" in der Messtechnik) liegt dieser Wert bei 146dB RMS bzw. 149dB Peak (Microtech Gefell MK250).
Bei einem 1/4" Messmikrofon mit 5mV/Pa liegt der maximale Schallpegel bei 155dB RMS und 158dB Peak (Microtech Gefell MK301E)
Angaben in den Datenblättern
Es sehr wichtig, in den den Datenblättern den maximalen Pegel, der zur Zerstörung führt, und den Grenzschallpegel zu unterscheiden. Weiterhin muss klar zwischen Peak und RMS unterschieden werden. In jedem Fall sollte man Reserven einplanen und die Kapseln nicht an den Grenzbereichen betreiben
Der Mikrofon-Vorverstärker
Eine typische 1/2" Mikrofonkapsel mit 50m/Pa liefert bei 145dB Schalldruck (RMS) eine Spannung von 17,7V RMS also +/-25V. Diese hohe Spannung muss vom Vorverstärker auch verarbeitet werden, sonst übersteuert er.
50V sind für Transistorschaltungen eigentlich kein Problem, aber die Vorverstärker sind in der Regel auf hohe Empfindlichkeit und niedriges Eigenrauschen ausgelegt.
Daher wird der maximale Schallpegel der Kapsel wird weiter durch die elektrische Verstärkerkette verringert. Hierbei ist die maximale Ausgangsspannung bzw. Eingangsspannung der Vorverstärker von zentraler Bedeutung.
Typische Vorverstärker für die akustische Messtechnik
Systeme, die mit Konstantstrom betrieben werden (ICP/IEPE) liefern eine maximale Ausgangsspannung von 3-6,5V RMS (Microtech Gefell MV210 6,5V).
Systeme, die mit 48V Phantomspannung betrieben werden liefern ca. 3V RMS. Diese Vorverstärker kommen aus der Studiotechnik und werden u.a. auch beim NTI AL1, NTI XL2, NTI XL3 verwendet.
In der professionellen akustischen Messtechnik werden Vorverstärker mit einem LEMO Anschluss verwendet. Diese werden mit einer Versorgungspannung von 120V betrieben und liefern Ausgangsspannungen bis 33V RMS (Microtech Gefell MV203)
Übersicht der maximalen Spannung (RMS) von der verschiedenen Vorverstärkern
Anschluss |
maximale Spannung RMS |
LEMO |
33V |
ICP/IEPE |
6V |
XLR P48 |
3V |
Ausgangsspannungen einer typischen Mikrofonkapsel
Ein typisches Mess-Mikrofon hat eine Empfindlichkeit von 50mV/Pa. Bei einem Schallpegel von 94dB RMS beträgt die Ausgangspannung daher 50mV RMS
Die folgende Tabelle zeigt die Ausgangspannung für verschiedene Schallpegel
120dB |
1.0V |
125dB |
1.7V |
130dB |
3.1V |
135dB |
5.6V |
140dB |
9.9V |
145dB |
17.7V |
Ein Vorverstärker mit 3V Ausgangsspannung erreicht daher schon eher die Begrenzung als die Kapsel selbst. Bei digitalen System muss auch der maximale Eingangsbereich des AD-Wandlers berücksichtigt werden.
Der ADC - Digitalisisierung
Im allgemeinen wird das Signal aus dem Vorverstärker durch einen ADC digitalisiert. Diese Module haben jedoch auch nur einen beschränkten Spannungsbereich. Entweder ist der ADC für niedriges Rauschen ausgelegt, dann übersteuert er jedoch bei höheren Pegeln. Oder der ADC ist für hohe Pegel ausgelegt, dann steigt das Eigenrauschen.
Heutige ADCs haben mit sehr hohem Schaltungsaufwand einen Dynamikbereich von 120dB. Hochwertige Geräte nutzen typischerweise 100dB. Daher verwenden die meisten Schallpegelmesser verschiedene Messbereiche, um einen weiten Pegelbereich abzudecken.
MEMS Mikrofone
MEMS Mikrofone haben als mikromechanische System einen völlig anderen Aufbau als klassische Kondensator Mikrofone. Man findet Sie heute in allen Smartphones und ähnlichen Geräten. Typische MEMS Mikrofone hatten eineb relativ geringen maximalen Pegel von 110dB und ein hohes Eigenrauschen. Mittlerweile sind jedoch auch MEMS Mikrofone mit einem Pegel von 138dB verfügbar.
Wie kann der maximale Schallpegelbereich erweitert werden?
-
Einsatz einer unempfindlicheren Kapsel.
-
Bei 1/2" Systemen mit Gewinde 60UNS sind (elektrische) Dämpfungsglieder (5,10,20dB) verfügbar, die die Ausgangsspannung der Kapsel verringern.
-
Akustische Dämpfer. Der Schallpegel an der Mikrofonmembran wird durch Dämpfungsmassnahmen verringert, z.B. Gehäuse oder absorbierende Materialien. Hierbei ist problematisch, dass sich die Richtcharakteristik verändert. Zudem kann ein Schallpegelkalibrator nicht einfach angesteckt werden.
Grundregel für Messmikrofone für hohe Schallpegel
Grundsätzlich können hohe Schallpegel sinnvoller mit kleineren Mikrofonkapseln (1/4") gemessen werden, da diese einen höheren Grenzschallpegel haben und durch die geringere Empfindlichkeit (typisch 1-5mV) die nachfolgenden Verstärker nicht so schnell übersteuern.
USB-Messmikrofone
Was sind USB Messmikrofone und welche Vorteile bieten sie?
Ein klassisches akustisches Messystem besteht aus Mikrofonkapsel, Impedanzwandler, Vorverstärker, Spannungsversorgung, AD-Umsetzer. Dieser Aufbau ist aufwendig und anfällig für Fehler.
Seit einiger Zeit sind jedoch leistungsfähige und hochintegrierte USB Messmikrofone verfügbar.
Die Vorteile solcher Lösungen sind:
Aufbau ist wesentlich einfacher:
- Einfach an den USB Port anschließen.
- keine Phantomspeisung oder ICP-Speisung erforderlich
- keine Treiber für ein Messinterface.
- Mit geeigneter Software sind diese Systeme auch direkt kalibriert, d.h. man kann ohne Schallpegelkalibrator absolute Schallpegel messen.
- Kalibrierte Messbereichsumschaltung via Software
- Kabellängen bis 60m
- Signalkette ist optimal aufeinander abgestimmt.
So sollte Messtechnik mit einem PC sein.
Im allgemeinen funktionieren diese neuen USB Messmikrofone mit allen Mess-Programmen auf dem Markt. Einzig die Pegelkalibrierung bekommt man nur bei speziell abgestimmten Systemen.
Die Leistung reicht dabei von einfachen System bis hin zu Systemen, die höchsten Anforderungen (B&K Kapsel via Gewinde 60 UNS und optional 200V) genügen.
Für welche Anwendungen eignen sich USB-Messmikrofone?
USB Messmikrofone eignen sich für viele akustische Messungen z.B. Überwachungsmessungen nach TA-Lärm, Messungen im Arbeitsschutz , kalibrierte Langzeit-Tonaufzeichnungen, DIN60286-16 (STI-PA), Raumakustik, Bauakustik, NVH, Psycho-Akustik
Welche Frequenzen lassen sich mit USB Messmikrofonen messen?
USB Messmikrofone decken einen weiten Frequenzbereich ab, vom Infraschall (typisch 5Hz) bis in den Ultraschallbereich (ca. 90kHz)
Welche Hersteller gibt es für USB-Messmikrofone?
Mittlerweile sind viele Produkte auf dem Markt verfügbar. Sie finden eine Auswahl bei uns im Webshop.
Aufbau eines USB Messmikrofons
Ein USB Messmikrofon besteht aus folgenden Komponenten
- Kondensator Mikrofon-Kapsel
- Impedanzwandler
- Vorverstärker
- Digital steuerbares Dämpfungsglied
- AD-Wandler
- USB Interface
- Spannungswandler
All diese Komponente sind ein einem Gehäuse integriert, so daß der Aufbau sehr kompakt ist. Die Stromversorgung erfolgt vollständig über USB. Dadurch ist der Verkabelungsaufwand minimal.
Funktionsweise eines USB Messmikrofons
Der Schall wird in der Mikrofonkapsel durch die Membran in ein elektrisches Signal umgewandelt. Dieses hat einen sehr hohen Ausgangswiderstand. Durch einen Impedanzwandler wird die Impedanz verringert. Dies ist üblicherweise ein Feldeffektransistor, der sich direkt hinter der Mikrofonkapsel befindet. Dadurch werden elektrische Einstreuungen verringert.
In der nächsten Stufe wird das Signal verstärkt. Einfache Systeme verwenden dafür den integrierten Verstärker eines hochintegrierten Audio-ICs. Allerdings reicht die Dynamik für anspruchsvolle Messungen nicht aus. Daher verwenden hochwertige Systeme (z.B. unsere ATD-4 Serie) einen diskreten Vorverstärker, der perfekt abgestimmt ist.
Die Verstärkung kann in weiten Bereich digital gesteuert werden, dadurch können über den PC verschiedene Messbereiche realisiert werden.
Das Signal wird über einen AD-Wandler digitalisiert und über die USB-Schnittstelle zum PC geschickt.
Dynamikumfang eines USB-Messmikrofons
Hochwertige Mikrofonkapseln haben einen enormen Dynamikumfang (z.B. eine 1/2" Kapsel typisch 15-140dB). Dieser Bereich kann durch einen AD-Wandler nur eingeschränkt erfasst werden.
In hochwertigen USB-Messmikrofonen wird das Signal mit einem zweiten Kanal zusätzlich abgetastet. Der zweite Kanal hat einen anderen Pegelbereich. Das Signal wird also gleichzeitig mit einem unempfindlichen und einem empfindlichen AD-Wandler abgetastet. Auf diese Weise kann ein sehr großer Dynamikbereich erfasst werden.
Im allgemeinen wird ein USB-Messmikrofon mit 5V vom USB-Bus versorgt. Einfache USB-Messmikrofone (z.B. das weit verbreitete UMIK-1) versorgen damit den AD-Umsetzer und die Vorverstärker direkt. Damit wird jedoch der maximale messbare Schgallpegel begrenzt, da Mikrofonkapseln enorme Signalspannungen liefern können. Für diesen Hintergrund zur Messung hoher Schallpegel haben wir einen eigenen Artikel verfasst.
Hochwertige USB-Messmikrofone verwenden daher DC/DC-Wandler und können auch Signal-Spannungen von 10V RMS erfassen. Dies sind 28V Spitze/Spitze!. Diese Technik finden Sie im ATD5-T von uns und im Microtech-Gefell MV240.
Welche Nachteile haben USB-Messmikrofone?
USB-Messmikrofone sind dafür ausgelegt, in Verbindung mit einem PC akustische Messungen elegant und mit höchster Genauigkeit durchzuführen. Der Ausgang eines USB-Messmikrofons ist digital. Das Mikrofonsignal kann nicht rein analog erfasst werden. Daher können USB Messmikrofone nicht in analoge Messaufbauten integriert werden. USB-Messmikrofone können auch nicht an Schallpegelmesser angeschlossen werden. Einzig die Kapsel kann häufig zwischen beiden System ausgetauscht werden.
Wie werden Messmikrofone vermessen?
Zu diesem Thema haben wir einen eigenen Artikel verfasst.
Wie kann der Frequenzgang eines Mikrofons vermessen werden?
Ein Mikrofon setzt ein Schalldruck in eine elektrische Spannung um. Wie kann man das Übertragungsverhalten für unterschiedliche Frequenzen messen?
Der Königsweg: Eine Absorberkammer (Schalltoter Raum)
Freifeldbedingungen für Schall bedeutet die freie Ausbreitung als Kugelwelle. Diese theoretischen Bedingungen können in der Praxis nur mit Einschränkungen erreicht werden. Jedes Objekt in der Nähe der Schallquelle oder des Mikrofons führt zu Reflektionen des Schalls. Diese Reflektionen führen zu unerwünschten Absenkungen oder Überhöhungen des Frequenzgangs. Man bemüht sich, alle Wände und andere reflektierende Flächen mit absorbierenden Materialien auszukleiden. Für höhere Frequenzen (>300Hz) gelingt das recht gut mit porösen Materialien (Schaumstoff, Dämmwolle). Bei tiefen Frequenzen wird dies jedoch weitaus schwieriger.
Absorberkammern müssen möglichst groß sein, um einen großen Abstand zu den Wänden zu haben. Insgesamt ist der Aufwand für leistungsfähige Absorberkammern enorm. Daher verfügen nur wenige Labore über solche Räume.
Steht ein solcher Raum jedoch zur Verfügung, so verwendet man die Substitutionsmethode. Eine Schallquelle wird mit einem Referenzmikrofon vermessen. Danach wird an der identischen Position das Testmikrofon vermessen. Die Differenz zum Referenzmikrofon ergibt den gewünschten Frequenzgang des Testmikrofons. Da es nahezu Freifeldbedingungen sind, ist die Position der Mikrofone nicht ganz so kritisch. Entscheidend ist nur der Abstand zur Schallquelle. In realen Räumen sollte die Position jedoch millimetergenau wiederholt werden.
Eine Absorberkammer ist unverzichtbar
Der Frequenzgang eines Schallpegelmessers hängt nicht nur von dem Mikrofon ab. Beugungseffekte und Reflektionen an anderen Teilen des Schallpegelmessers können den Frequenzgang deutlich verändern. Daher müssen manche Geräte wie der NTI XL2 in der bauartgeprüften Variante mit abgesetztem Mikrofon betrieben werden.
Ein weiteres Beispiel sind falsch dimensionierte Druckausgleichsöffnungen der Mikrofonkapsel.
Solche Effekte können nur unter Freifeld-Bedingungen ermittelt werden, da nur dann alle Komponenten mit dem Schallfeld interagieren.
Elektrostatischer Aktuator
Eine Freifeldmessung ist für eine Qualitätssicherung während der Produktion viel zu aufwendig. Ähnliches gilt für die laufende Überwachung von Messmitteln in größeren Firmen. Ein Kondensatormikrofon kann nicht nur mit Schall angeregt werden sondern auch durch ein elektrisches Feld. Man schraubt das Schutzgitter ab und ersetzt dies durch ein elektrostatischen Aktuator. Gemessen wird die rein elektrische Übertragungsfunkton zwischen Aktuator und Ausgang des Mikrofons. Für jeweils einen Mikrofontyp muss der Zusammenhang einmalig zwischen Freifeld-Übertragungsfunktion und Aktuator-Übertragungsfunktion gemessen werden. Danach kann durch eine Korrektur der Freifeld-Frequenzgang berechnet werden. Dies funktioniert solange, wie die Grundkonstruktion des Mikrofons nicht verändert wird. Dies Messung ist schnell, unabhängig vom Raum oder anderen akustischen Störquellen. Dieses Messverfahren funktioniert nur mit Kondensatormikrofonen nach DIN/IEC61094 definierten Bauformen. Mikrofone mit fest eingebauten Elektret-Mikrofonen z.B. Behringer ECM8000 oder UMIK-1 können so nicht vermessen werden.
Reziprozitäts-Verfahren
Die Mikrofonkalibrierung nach dem Reziprozitäts-Verfahren wird verwendet, um den Übertragungsfaktor von Laboratoriums-Normal Mikrofone mit geringstmöglicher Messunsicherheit zu bestimmen. Das Verfahren ist international nach DIN/IEC 61094-2 standardisiert. Diese Kalibrier-Methode basiert darauf, dass Kondensator-Mikrofone reziproke Schallwandler sind. Reziproke Schallwandler können sowohl als Schallempfänger als auch als Schallsender eingesetzt werden. Ein Kondensator-Mikrofon funktioniert auch als Lautsprecher. Diesen Effekt nutzt man auch bei elektrostatischen Kopfhörern. Das entscheidende ist, dass die Übertragungseigenschaften in beiden Richtungen umrechenbar sind. Bei der Reziprozitätsmethode werden 2 von 3 Mikrofonen akustisch miteinander gekoppelt, wobei ein Mikrofon als Schallsender und ein Mikrofon als Schallempfänger fungiert . Dieses Verfahren erreicht höchste Genauigkeit und wird in der Praxis von speziellen Kalibrierlaboren und Forschungseinrichtungen verwendet.
Präzisions-Schalldruckkammer für Messmikrofone
Ein definiertes Schalldruckfeld lässt sich wesentlich einfacher erzeugen als ein Freifeld. Ein kleiner Lautsprecher dient als Schallquelle und erzeugt ein Druckfeld in einem möglichst kleinen Volumen. In diesem Volumen sind zwei Mikrofone - akustisch gekoppelt - eingebaut. Ein Referenzmikrofon und das zu testende Mikrofon. Beide Mikrofone sind möglichst identischen akustischen Bedingungen ausgesetzt. Es handelt sich daher um eine direkte Vergleichsmethode. Der Frequenzgang des Lautsprechers ist unerheblich. Der enorme Vorteil dieser Methode ist, dass sie ähnlich wie die Methode mit elektrostatischem Aktuator unabhängig vom Raum und anderen akustischen Störquellen ist. Die Mikrofone müssen nicht aufwendig wie bei der Freifeld-Methode im Raum positioniert werden. Es können prinzipiell alle Bauformen von Mikrofonen vermessen werden, sofern diese mechanisch in den Kuppler passen und nach hinten geschlossen sind. Der Frequenzbereich reicht von ca. 30Hz bis 16kHz. Gerade höhere Frequenzen sind für solche Messverfahren eine Herausforderung. Umgekehrt können gerade tiefere Frequenzen, die in einem normalen Raum kaum messbar sind, sehr reproduzierbar und genau gemessen werden. Grundsätzlich können nur Mikrofone ähnlicher Bauweise verglichen werden, da sonst das Schallfeld im Kuppler nicht mehr symmetrisch ist. Weiterhin sollten auch nur Mikrofone mit identischer Entzerrung verglichen werden.
Das obige Bild zeigt einen vollständigen akustischen Messplatz
- APX555 Audio Analysator von Audio Precision. Dieses Gerät erzeugt auch die Testsignale.
- Präzision Druckkammer SQ4.2 vpn Spectra. Links ist das Refernzmikrofon, Rechts ist das Testmikrofon. In der Mitte zwischen beiden Mikrofonen ist der Lautsprecher.
Kundt'sches Rohr
Das Kundt'sche Rohr besteht aus einem Hohlzylinder. In diesem Hohlraum wird ein definiertes Schallfeld erzeugt. Hauptsächlich setzt man diesen Aufbau ein, um Absorptionseigenschaften von Materialien zu vermessen. An einem Ende befindet sich ein Lautsprecher als Schallquelle. Am anderen Ende befindet sich die Materialprobe. An verschiedenen Positionen werden Mikrofone eingebracht, um das Schallfeld zu vermessen. Durch Austausch der Mikrofone, bei sonst gleichen Bedingungen, können Mikrofone verglichen werden.
Direkte Messungen in einem Raum
Es ist sehr schwierig die Übertragungsfunktion eines Mikrofon in einem normalen Raum zu messen. Die Effekte durch Reflektionen überlagern alles. Gerade bei höheren Frequenzen (>300Hz) kann man aber einen Raum effizient mit Absorbern auskleiden. Hier erreicht man mit vertretbarem Aufwand nahezu Freifeld-Bedingungen. Man hilft sich auch, indem man im Nahfeld eines Lautsprechers misst und Reflektionen durch die Auswertung zeitlich wegfiltert. Eine Wellenfront benötigt auch einige Zeit, um beginnend vom Lautsprecher, dann über das Mikrofon, die erste Wand zu erreichen. Man wertet daher nur die erste Wellenfront aus. Das funktioniert aber auch nur bei höheren Frequenzen. Problematisch ist immer die Positionierung der Mikrofone, da das Schallfeld extrem ortsabhängig ist. Es ist zunächst naheliegend die beiden Mikrofone gleichzeitig zu messen. Hier kommt es aber zu unerwünschten Reflektionen zwischen den Mikrofonen, die das Messergebnis erheblich verfälschen können.
Im allgemeinen ist es ungünstig, extrem schmalbandige Signale, wie einzelne Frequenzen mit einem Sinus-Signal zu verwenden. Hier machen sich Raum-Resonanzen besonders stark bemerkbar. Es ist günstiger, schmalbandiges Rauschen (z.B. in Terzbändern) zu verwenden. Dadurch findet schon eine gewisse Mittelung im Frequenzbereich statt.
Kombinierte Verfahren
Druckkammerverfahren eignen sich gut für tiefere Frequenzen. Der konstruktive Aufwand für eine Messbox ist sehr gering. Umgekehrt können höhere Frequenzen in normalen Räumen halbwegs sinnvoll gemessen werden. Die Idee ist, man misst zunächst tiefere Frequenzen im Druckfeld in einer kleinen Messbox und im zweiten Schritt unter quasi-Freifeld Bedingungen in einem akustisch nur grob behandeltem Raum. Die unterschiedlichen Frequenzbereiche werden in der Auswertung kombiniert. Dieses Verfahren findet sich gelegentlich im DIY-Bereich. Im professionellen Bereich verwendet man eher eine Präzionsdruckkammer, die reproduzierbar bis 16kHz einsetzbar ist und in der Serienmessung wesentlich wirtschaftlicher ist. Insbesondere ist der zeitliche Aufwand wesentlich geringer.
Weiterführende Informationen zu Messmikrofonen
- Bruel und Kjaer: Microphone Theory volume 1
- Bruel und Kjaer: Microphone Handbook
- https://schoeps.de/fileadmin/user_upload/user_upload/Downloads/Vortraege_Aufsaetze/Mikrofonaufsaetze/Mikrofonbuch_Kap8.pdf